Leben im Ausland: Eine tolle Erfahrung, aber auch ein Test für Sie und Ihre Familie

Die Identitätsfrage steht im Mittelpunkt der Erfahrung, im Ausland zu leben. Sie stellt die Betroffenen vor viele Fragen, zum Beispiel: Wer bin ich heute? Wie kann ich mir selbst treu bleiben und mich gleichzeitig anpassen? Habe ich ausreichende persönliche Ressourcen, um mit all dem zurechtzukommen? Wie kann ich diese neue Erfahrung im Ausland nutzen, um die Person zu werden, die ich sein möchte? Wenn man im Ausland lebt, verändert sich die Identität schneller, manchmal sogar, bevor der Betroffene es selbst bemerkt und sich auf die Veränderungen einstellen kann!

Auch zwischenmenschliche Beziehungen sind ein wichtiger Faktor für das Leben im Ausland. Beziehungen werden bei einem Umzug ins Ausland oft infrage gestellt. Wenn man ins Ausland geht, nimmt man sich eine Auszeit von allem, was man bislang kannte. Möglicherweise fühlen Sie eine Leere, weil Ihnen Ihre Lieben fehlen, und vermissen die Orte und Menschen, die Sie zurückgelassen haben, sehr. Außerdem müssen Sie sich der Herausforderung stellen, neue, befriedigende Beziehungen aufzubauen. Wenn Sie nicht mehr von Ihren Beziehungen getragen werden, können Sie sich emotional zerbrechlich fühlen.

Diese Faktoren sind je nach Persönlichkeitstyp des Betroffenen unterschiedlich. Der Hauptfaktor ist allerdings Stress. Der Umgang mit großen Veränderungen im Hinblick auf Kultur, Sprache und ein ungewohntes Umfeld und die konstruktive Anpassung an ein neues Leben können außerordentlich großen Stress hervorrufen und das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen schwächen. Selbst die einfachsten Aufgaben des täglichen Lebens, z. B. ein Telefonanruf, können schwierig erscheinen.

Es kostet viel Energie und Mühe, sich in einem neuen Land einzurichten. Nach einer intensiven Eingewöhnungszeit können Sie ein Gefühl der Leere erleben, weil Sie Vertrautes zurücklassen mussten. Sie können in Nostalgie oder sogar Traurigkeit versinken. Trauer ist ganz natürlich und selbst ein gewisses Maß an Depressionen ist in dieser Phase normal. Jeder weiß, dass man nicht immer glücklich sein kann! Wenn Sie jedoch länger als zwei Wochen in einer tiefen Depression versinken, ist dies ein Alarmzeichen, das man nicht ignorieren sollte.

Man sollte nicht ins Ausland gehen, weil man vor seinen Problemen davonlaufen möchte. Die Probleme kommen nur wieder – möglicherweise schlimmer als zuvor. Die hohe Scheidungsrate bei Menschen, die im Ausland leben, kann als klassisches Anzeichen dafür betrachtet werden. Menschen, die ins Ausland gehen möchten, sollten sich über alles im Klaren sein und ihre Abreise auf allen Ebenen planen. Sie sollten genau prüfen, was sie mit dieser Erfahrung verlieren und gewinnen können, welche Befürchtungen sie haben und an welchen Projekten sie arbeiten müssen, damit der Umzug erfolgreich verläuft. Es ist wichtig, jeden Einzelnen (Erwachsene und Kinder) als wichtige Beteiligte an dieser Lebenserfahrung zu betrachten, um eine positive Dynamik zu entwickeln und alle ins Boot zu holen.

Das Leben ist voller Überraschungen und neuer Entwicklungen. Jeder hat seine Höhen und Tiefen und jeder – ob er nun im Ausland lebt oder nicht – erlebt Momente im Leben, in denen er Unterstützung braucht (von einem Freund, einem Arzt, einem Psychiater usw.). Sie müssen in der Lage sein, einzuschätzen, wie schwer die Probleme sind, mit denen der Betroffene konfrontiert ist, um angemessene Hilfe leisten zu können. Das gilt insbesondere dann, wenn er Medikamente benötigt (z. B. bei einer Depression). Wenn Sie bemerken, dass es jemandem, der ihnen wichtig ist, nicht gut geht, sollten Sie versuchen, herauszufinden, wie tief das Problem reicht und ob der Betroffene Hilfe möchte. Ignorieren Sie es niemals, wenn einer Ihrer Lieben mentale Probleme hat.